Ich würde nicht sagen, dass ich gegen Künstliche Intelligenz bin. Wirklich nicht. Im Gegenteil – vieles daran ist spannend, hilfreich, teilweise sogar beeindruckend. Aber je mehr ich mich damit beschäftige, desto öfter stolpere ich auch über die Schattenseiten. Über die Fragen, die wir uns vielleicht nicht oft genug stellen. Und dann kam da dieses eine Video auf Instagram.
Ein älterer Schuster, „Lederhermann“, verkauft seine letzten Taschen. Das Video ist rührend. Er wirkt sympathisch, ehrlich, wie jemand, dem man gerne zuhört. Und ich dachte kurz: „So eine Tasche, das wär doch was. Nicht weil ich sie brauche, sondern… weil sie eine Geschichte hätte.“ Aber dann: die Lippen sind minimal asynchron. Die Webadresse endet auf .com. Ein bisschen Recherche – und zack: Es gibt keinen Lederhermann. Nur ein KI-generiertes Video, das ganz okay gemacht ist, aber eben keine echte Geschichte erzählt. Keine Hände, die das Leder zugeschnitten haben. Keine Werkstatt. Kein Schuster. Nur ein Werbespot, zusammengebaut aus ein paar Daten und einem Wunsch: dass wir kaufen.
Das war der Moment, in dem ich mich ernsthaft gefragt habe: Wie oft ist mir das schon passiert, ohne dass ich es gemerkt habe? Wie oft habe ich online Dinge gesehen, die „echt“ wirkten – es aber nicht waren?
Und ich glaube, das ist erst der Anfang. Die Technik wird besser, die Grenzen zwischen Fiktion und Realität verschwimmen. Was bleibt uns dann noch als Anker?
Ich merke: Ich will mich in einer Welt bewegen, in der ich mich auf Dinge verlassen kann. Ich will in einer fundierten, reflektierten Wirklichkeit leben – nicht in einer, in der ich bei jedem zweiten Bild nachdenken muss, ob das da gerade überhaupt passiert ist.
Ganz konkret: Ich werde online nur noch Dinge kaufen, die ich wirklich brauche oder die ich bereits kenne. Produkte „für die Seele“, wie die Tasche von Lederhermann, will ich nur noch dann kaufen, wenn ich den Menschen dahinter die Hand schütteln kann.
Wenn ich weiß: Die Geschichte stimmt. Es gibt da jemanden, mit echtem Handwerk, mit echten Gedanken, mit einer echten Geschichte. Dann habe ich etwas in der Hand, das mehr ist als ein Produkt. Dann habe ich eine Verbindung. Und das fühlt sich richtig an.
Der Fall Lederhermann war für mich ein kleiner Aha-Moment. Kein Weltuntergang – aber ein gutes Beispiel dafür, wie sehr wir darauf achten sollten, was wir glauben wollen. Und wem wir noch vertrauen können.
Gerade in unserer Branche – ob du in der Beratung, im Vertrieb oder in der Kommunikation arbeitest – ist das eine der großen Fragen:
Was macht dich als Mensch noch erkennbar, wenn alles andere künstlich erzeugt werden kann?
Ich glaube: Echtheit wird wieder wichtiger. Nähe, Vertrauen, ein echtes Gegenüber. Vielleicht ist das am Ende genau das, was bleibt – und was uns unterscheidet.